Fideikommiß

Ein durch Stiftungsakt geschaffenes unveräußerliches und unteilbares, einer bestimmten Erbfolge unterliegendes Vermögen, das üblicherweise auch nicht belastet werden durfte.
I
m wesentlichen nach spanischem Vorbild ausgebildet, verbreitete es sich nach dem 30jährigen Krieg auch im römisch-deutschen Reich. Die Erbfolge in den üblicherweise adeligen Familienfideikommissen erfolgte meist nach den Regeln der Primogenitur, wobei häufig daran noch als zusätzliche Bedingung eine Ebenbürtigkeitsklausel für den Begünstigten geknüpft war. Der Übergang von Erstgeburtstitel (Erstgeburtstitel liegen dann vor wenn sich der Titel der Erstgeborenen von denen der Nachgeborenen unterscheidet.) war vor allem in Preußen häufig an die Innehabung des Fideikommisses gebunden.

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Auszug aus: Rechtsgeschichtliche Abhandlungen, herausgegeben von Prof. Dr. Heinz Holzhauer 

Geschildert wird ein ungewöhnlicher Rechtsfall.

Hauptpersonen

Fürst Ludwig Otto zu Salm (1674-1738)
5. Fürst zu Salm

 

Der Fürst versuchte seine reichsunmittelbaren salm'schen und wild-und rheingräflichen Besitzungen sowie die übrigen Lehen und Güter in eine Hand zu überliefern und vermählte deshalb seine älteste Tochter Dorothea im Jahr 1719 mit Nicolaus Leopold. [Bei seiner Hochzeit führte er die Titel Wildgraf vom Rhein, von Dhaum, Kyrburg und Stein, Graf von Salm und Hoogstraten, Herr von Fenetrage, de Brecht, Eckeren, Kapellen, Hovenen und Freiherr von Beck]. Dieser war Enkel des Stifters der Linie Salm-Hoogstraten und zugleich nächster Agnat des Hauses. Fürst Ludwig Otto überließ seinem Schwiegersohn durch einen 1737 abgefaßten Übergabe- bzw. Schenkungsvertrag alle seine Lande.

Nachdem Ludwig Otto am 23. November 1738 gestorben war, trat Nicolaus Leopold am 14. Januar 1739 die Rechtsnachfolge seines Schwiegervaters an und folgte ihm als Fürst zu Salm mit allen Würden.


Nicolaus Leopold I.(1701 – 1770)
6. Fürst zu Salm, 1. Fürst zu Salm-Salm, 1. Herzog von Hoogstraten

 

Aufgrund seiner Abstammung gehörte er zu einer der ersten Familien des Reiches. Sein Vermögen und seine Macht beruhten auf Lehen und Rechten, die seine Familie seit dem 12. Jahrhundert erworben hatte. 

Der Regent war darauf bedacht, seine Nachfolge zu Lebzeiten zu regeln. Gemäß den Hausgesetzen wäre sein ältester Sohn Prinz Ludwig Carl Otto (*1721) nächster Souverän geworden. Doch änderte der Fürst die Erbfolge aufgrund der sich abzeichnenden schwachen Gesundheit und körperlichen Behinderung (Buckel) des Nachfolgebe-rechtigten und bestimmte den nachgeborenen Prinzen Maximilian Friedrich Ernst (*1732) zum Nachfolger. Die Wege, die der Vater einschlug, um seine Nachgeborenen rechtlich abzusichern, lassen darauf schließen, daß die Rechtsordnung der Zeit einen Unfähigkeitsgrund der passiven Erbunfähigkeit oder öffentlich rechtlichen Regierungsunfähigkeit und/oder Lehensunfähigkeit schon nicht mehr gekannt hat.

Prinz Ludwig wurde für den geistlichen Stand bestimmt. Nach dem Studium der Theologie und der Erlangung der niederen Weihen erhielt er als Protegè des französchichen Königs die Kommendatierung [In der katholischen Kirche die Überlassung von Einkünften aus dem Kirchen- oder Klostervermögen an eine Person, die das Kirchenamt selbst nicht versah] über diverse Zisterzienserklöster in Frankreich.
Zur Nachfolge auserkoren hatte Füst Nicolaus Leopold seinen dritten Sohn Prinz Maximilian Friedrich Ernst. Dieser wurde nach dem frühen Tod seines älteren Bruders Wilhelm Florentin ab 1744 auf seine späteren Aufgaben als Chef des Hauses vorbereitet. Er wurde militärisch erzogen, ausgebildet und standesgemäß mit einer nahen Verwandten verheiratet.

Füst Nicolaus Leopold setzte nun alles daran, den Prinzen Maximilian als nächsten Regenten abzusichern. Dabei baute er sein Vorhaben auf mehreren Pfeilern auf. Befgonnen hatte er damit, daß er seinen ältesten Sohn zur Geistlichkeit bestimmte. Denn dieser geistliche Stand hatte für Ludwig Carl Otto zur Konsequenz, daß er nach der in seinem Haus geübten Observanz nicht in die Ländereien und die Regierung der Besitztümer folgen konnte. Sinn der Hausobservanz war es, zu verhindern, daß die geistlichen Herren den Familienbesitz nach ihrem Ableben der Kirche vermachten. Weiterhin versuchte der Vater dafür zu sorgen, daß die Postion des Prinzen Maximilian nach dem väterlichen Dahinscheiden rechtlich unangreifbar wurde. Zu diesem Zweck wurde Prinz Maximilian in diversen Testamenten zum Alleinerben erklärt
Der mit diesen Verfügungen nicht einverstandene Erstgeborene begann, gegen den Vater vor dem Reichskammergericht zu prozessieren. Ausgangspunkt für diese und die folgenden Streitigkeiten waren besitzrechtliche und familienrechtliche Verhältnisse, die sich aus der Vereingung der speziellen fürstlichen Linie Salm und der gräflichen Linie Salm-Hoogstraten (dann fürstliche Linie Salm-Salm) in der Person des Fürsten Nicolaus Leopold I. ergeben hatten.

 

Prinz Ludwig Carl Otto (1721-1778)
2. Fürst zu Salm-Salm
 


Folgeberechtigter nach dem Tod des Nicolaus Leopold wäre sein ältester Sohn Ludwig Carl Otto gewesen. Dieser war am 22. August 1721 in Hoogstraten geboren und in Paris erzogen worden.

Noch als Neunjähriger schien Ludwig für das militärische Leben vorbestimmt. Dies änderte sich jedoch aufgrund seiner sich abzeichnenden schwachen Gesundheit und einer körperlichen Behinderung (Buckel), die seine Erbfolge zunehmend unerwünscht machten. Ludwig wurde daraufhin für den geistlichen Stand bestimmt und studierte in Paris Theologie und beide Rechte. Auf Zureden seiner Eltern und der engeren Familie, insbesondere seiner Großtante Marie Christine, faßte Ludwig zwischen 1736 und 1738 den Entschluß, Geistlicher zu werden.

Am 2. April 1742 ernannte ihn König Ludwig XV zum Abt der Zisterzienserabtei Notre Dame de Boherie im Bistum Laon (Department d'Aisne). Zwei Jahre später entschied er sich gegen die Pläne seines Vaters, ihn bei der Wahl zum Bischof von Antwerpen zu protegieren. Denn das hätte die Weihe zum Priester bedeutet, die er aber wegen der damit verbundenen Aufgaben ablehnte. Er zog das seiner Meinung nach geruhsamere Ordensleben vor.
Da Ludwig nun nach Meinung des Vaters nicht mehr in das weltliche Leben zurückkehren würde, ging Nicolaus Leopold daran, sein Haus zu bestellen.

Prinz Maximilian Friedrich Ernst (1732-1773)
2. Herzog von Hoogstraten

 

Maximilian kam am 28. November 1732 als 9. Kind in Anholt zur Welt. Er war zuerst für den geistlichen Stand bestimmt, wurde Malteserritter und Domizellar (Domschüler oder junger Kleriker, der früher Anwartschaft auf eine Stiftspfründe hatte) des Erzstifts Köln. Nach dem frühen Tod seines älteren Bruders Wilhelm Florentin am 4. Juni 1744 in der Schlacht bei Hohenfriedberg entschied er sich für die militärische Laufbahn und wurde als Erbprinz auf seine späteren Aufgaben vorbereitet. Als Hauptmann trat er in das von seinem Vater errichtete kaiserliche Infanterieregiment Rheingraf ein und wurde dort 1755 Major.
Auf Drängen seines Vaters heiratete er am 16. März 1757 seine Cousine, die Tochter seiner Stiefmutter, der Landgräfin Marie Louise Eleonore von Hessen-Rheinfels. Zu dieser Hochzeit mußte Ludwig auf Anforderung seines Vaters seine Zustimmung erteilen. Im Ehevertrag sichert der Vater seinem gewillkürten Nachfolger als Wohnsitz das Schloß Hoogstraten, die Häuser in Brüssel und Antwerpen, den Ritterbesitz Schüttenstein und eine Jahresrente von 20.000 Gulden

Das Erbe der Großtante

Schon Mitte der vierziger Jahre des 18. Jahrhunderts hatte der Fürst einen ersten Handstreich riskiert und diskret darauf hingewirkt, daß Ludwig von einem ihm zugedachten Erbe ausgeschlossen werden sollte. Dieses Vorgehen betraf ein für Ludwig bestimmtes Erbe seiner am 30 November 1744 verstorbenen Großtante und Förderin Marie Christine. Fürst Nicolaus Leopold verfolgte nach ihrem Ableben während eines zwölf Jahre dauernden Erbfolgeprozesses zwischen Ludwig und dessen entfernten Vettern, daß die von Marie Christine dem Prinzen hinterlassenen Güter Maximilian zuerkannt wurden.
So kam es während dieses Prozesses zu ersten Auseinandersetzungen zwischen Vater und Sohn über die Erbfolge im eigenen Haus.

Die Testamente Nicolaus Leopolds von 1738 bis 1752

Das Vorgehen und die versuchte Einflußnahme des Fürsten Nicolaus Leopolds hatten es dem Prinzen Ludwig bewußt gemacht, daß er sich auf eine längere Auseinandersetzung mit seinem Vater einstellen mußte. Prinz Ludwig erkannte, daß das bisherige väterliche Vorgehen nur den ersten Schritt zu seiner faktischen Enterbung bedeutet.
Der väterliche Wunsch nach einem anderen Nachfolger geht schon aus seinem ersten vorhandenem Zeugentestament vom 22. Juni 1738, das kurz vor Ableben des Fürsten Ludwig Otto verfaßt wurde, hervor. Darin bestimmt Nicolaus seinen damals lebenden zweiten Sohn Wilhelm Florentin zum Nachfolger und Universalerben unter gleichzeitiger ausdrücklicher Enterbung Ludwigs.
Mit Beginn der vierziger Jahre machte der Fürst sich Gedanken über die Errichtung eines Gesamt-fideikommisses für die ihm zugefallenen und ererbten Lande.
Die 1748 erschienene Abhandlung „Notamina“ beinhaltet eine Aufstellung und Erläuterung der Punkte, die bei der Abfassung eines Testamentes, das eine Gesamtfideikommiß begründen sollte, zu beachten wären. Sein späterer, vom 18. Juli 1749 datierendes Testament muß als Resultat dieser Überlegungen gesehen werden. Denn darin stiftet Nicolaus Leopold ein Gesamtfideikommiß, bestimmt seinen nun zweitältesten Sohn Prinz Maximilian zum Nachfolger und enterbt Prinz Ludwig ausdrücklich.
Dieses Testament änderte der Fürst zwischen Ende 1749 und 1752 nochmals entscheidend ab. Danach sollte Ludwig nunmehr zwar Chef des Gesamthauses werden, jedoch die männliche Nachkommenschaft seines Bruders Maximilian die Fideikommißnachfolge antreten können. Der älteste Sohn sollte für sich und seine noch möglichen Erben das Herzogtum Hoogstraten erhalten, das immerhin ein Viertel des gesamten Grundvermögens ausmachte. Dieses bis in das Jahr 1769 beständige Testament von Februar 1752 war zum einen eine letzte Willensverordnung. Zum anderen beinhaltete das Schriftstück ergänzend auch einen Erbverzichtsvertrag. Der Ton dieses nach dem Tod seiner Gemahlin gefaßten letzten Willens ist merklich sanfter, was auf eine temporäre Verbesserung der Beziehungen der Parteien nach dem Tod der Fürstin schließen läßt. Dies rührt wohl auch daher, daß der ältere Sohn bei den Beratungen mit einbezogen worden war. Prinz Ludwig Carl Otto hat den vollständigen Inhalt dieses Dokumentes zu Kenntnis genommen; und so konnte er in den sechziger Jahren davon ausgehen, als nächster Regent und zukünftiger Chef des Hauses vorgesehen zu sein, wenn auch die Nachfolge in das gestiftete Fideikommiß der Nachkommenschaft seines Bruders Maximilian vorbehalten war.

Die Herrlichkeit Anholt

Die Fürsten zu Salm-Salm verlegten ihre Residenz auf die Burg Anholt in Westfalen, die sie samt der der Herrschaft Anholt bereits seit 1647 infolge Erbschaft besaßen.

Diese Herrschaft wurde 1802 unter Hinzuerwerb der vormals fürstbischöflichen Ämter Bocholt und Ahaus sowie der Herrschaft Gemen zum Fürstentum Salm erhoben, das bis zum 28. Februar 1811 einen Staat im äußersten Westen Westfalens bildete und unter der gemeinsamen Herrschaft des Fürstenhauses Salm-Salm und des (ebenfalls von Frankreich enteigneten) Fürstenhauses Salm-Kyrburg (als Kondominium) stand. Sein Staatsgebiet deckte sich ungefähr mit dem heutigen Kreis Borken (West-münsterland), die gemeinschaftliche Regierung saß in Bocholt, während Residenzen die Schlösser Anholt (Salm-Salm) und Ahaus (bis 1829 im Besitz der Salm-Kyrburg) waren. Die fürstliche Hauptlinie ist bis heute auf der Burg Anholt sowie seit 1860 auch auf Schloss Rhede ansässig.

Nicolaus Leopold versuchte nun, auch die Herrlichkeit Anholt an Prinz Maximilian weiterzugeben. Die Schwierigkeit dabei bestand darin, die Herrschaft unter Umgehung des letzten Willens seines Schwiegervaters, des Fürsten Ludwig Otto zu Salm, weiterzugeben.
Sein Schwiegervater Fürst Ludwig Otto hatte testamentarisch festgelegt, daß Anholt nach dem Tod seiner Tochter Dorothea auf deren ältesten Sohn übergehen sollte und von diesem, unter Ausschluß der weiblichen Nachkommenschaft, nach den Regeln der Primogenitur auf den jeweils Erstgeborenen.

Zwischenergebnis

Weil zum damaligen Zeitpunkt für den Fürsten Nicolaus Leopold nicht sicher feststand, daß Abt Ludwig für immer dem geistlichen Stand angehören würde, suchte er nach einer weiteren Möglichkeit, seine Erbfolge rechtlich abzusichern. Der zweite Pfeiler der fürstlichen Nachfolgeregelungen bestand dann darin, durch eigene testamentarische Verfügung und die Einflußname auf das Testament seiner Gemahlin den Nachgeborenen Maximilian rechtlich so zu stärken, daß Prinz Ludwig diesem das väterliche Erbe nicht mehr sollte entreißen können. Dieses Vorgehen hatte es dem Prinzen und Abt Ludwig Carl Otto bewußt gemacht, daß er sich auf längere Spannungen und Fehden mit seinem fürstlichen Vater einrichten mußte. Die Register, die der Vater bis dahin gezogen hatte, schienen für Ludwig inakzeptabel, zumal er der Auffassung war, daß sein Vater vor nichts zurückschrecken würde, um ihn rechtlich auszuschalten.
Prinz Ludwig war somit deutlich sichtbar geworden, daß das bisherige väterliche Handeln seine faktische Enterbung nicht nur vorbereiten sollte, sondern, daß diese schon in verstärktem Maße betrieben wurde. Abt Ludwig war aber nicht gewillt, sich kampflos geschlagen zu geben. Daß Prinz Maximilian zu diesem Zeitpunkt bereits Nachkommen gezeugt hatte, konnte für Ludwig nicht ausschlaggebend sein, zumal er sich mit Mitte Vierzig durchaus noch im zeugungsfähigen Alter befand und einer Ehe lediglich seine kirchlichen Weihen entgegenstanden. Diese Würden beabsichtigte er so schnell wie möglich abzulegen, wobei er sich darüber im Klaren gewesen muß, daß dieses Ziel nicht aus dem Stand zu erreichen war
Ludwigs Verlangen, in seine angestammten Rechte eingesetzt zu werden, das spätere Autoren als Streitsucht bezeichneten, führte nunmehr dazu, daß er sich dem Vater widersetzte und behauptete, niemals auf sein Erbe verzichtet zu haben. Als Grund für die Härte der nun geführten Dispute muß u.a- die Entfremdung der Parteien angesehen werden, hatten sich Vater und Sohn doch 38 Jahre nicht gesehen! Als weiteren Grund müssen Ludwigs starker Wille und sein Selbstverständnis angeführt werden, die es nicht zuließen, daß er seiner angestammten Rechte verlustigt gehen sollte. Prinz Ludwig war außerdem darüber verärgert, daß er von seinem Vater eine sehr kleine Revenue erhielt.

Um Anholt zu erhalten und um seine weltlichen Ansprüche nach dem Ableben des Vaters durchsetzen zu können, bemühte sich Ludwig Anfang 1768 beim Heiligen Stuhl um Dispens von seinen Weihen und Würden. Prinz Ludwig verlangte nun von seinem Vater die Herausgabe der Herrlichkeit Anholt. Da dieser sich nicht bereiterklärte, diesem Gesuch nachzukommen, griff Ludwig zum einzigen Mittel, das ihm seiner Meinung nach Recht verschaffen konnte. Er beauftragte Dr. von Zwierlein jun, Sproß einer Anwaltsdynastie, seine Interessen vor dem Reichskammergericht (RKG) wahrzunehmen.

Das Testament Nicolaus Leopolds vom 23. März 1769

Fürst Nicolaus Leopold war Mitte 1769 gesundheitlich stark angegriffen. Der Prozeß und die Sorge um sein Haus veranlaßten ihn, sein Testament aus dem Jahr 1752 außer Kraft zu setzen und eine neue Willensverordnung zu errichten.
Bevor es zur endgültigen Fassung des letzten Willens kam, ließ der Fürst ein nicht näher datiertes, wohl aber zwischen August 1768 und März 1769 verfaßtes Testament aufsetzen, das seine Befürchtung eines Erbfolgestreits verdeutlicht und gleichzeitig aufzeigt, wie enttäuscht er über Ludwig Carl Otto war. Nicolaus Leopold hat seine Enttäuschung wohl niemals überwunden.
Durch die letztwillige Verfügung stiftete der Fürst ein Gesamtfideikommiß für alle Ländereien der Familie und zwar mit der Primogenitur als Folgeordnung und Prinz Ludwig als Universalerben. Offenbar wollte sich der Fürst nun nicht mehr über die hergebrachte Folgeordnung hinwegsetzen, die den jeweils lebenden ältesten Agnaten des Regenten als Nachfolger im fürstlich salm-salm'schen Haus vorsah. Dies unterstreicht auch die Präambel zu diesem Testament, indem er Ludwig einsetzt, obwohl dieser auf seine Rechte verzichtet habe.
Ein Gesamtfideikommiß schien Fürst Nicolaus Leopold die einzige rechtliche Möglichkeit, seine Nacfolge zu regeln. Hinsichtlich der Reichserblehen und der anderen Grafschaften und Herrschaften ordnete der Erblasser in Abänderung des Testamentes von 1752 an, daß Ludwig sie allesamt „regieren und zum eigenthümlichen Gebrauch lebenslänglich haben durft“. Gleichzeitig verfügte er in Übereinstimmung mit dem Testament von 1752, daß unabhängig von der Person des nächsten Regenten, nur die männliche Deszendenz des Maximilian die Fideikommißnachfolge antreten sollte. Zusätzlich setzte er Prinz Maximilian eine Apanage aus.
Die schlechte gesundheitliche Situation des Vaters nutzte Maximilian für sich aus, indem er durch seinen Anwalt Gottlieb Lyncker am 18. September beim Kaiser und RHR ersuchte, den Fürsten unter Maximilians Vormundschaft zu stellen. Die Zuständigkeit des RHR war für solche Sachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit gegeben, da sowohl der vormundschaftsbedürftige Vater als auch der Vormund unmittelbare Reichsangehörige waren.
Prinz Maximilian bat den Kaiser, ihm die Landesregierung und die Kuratel zu übertragen. Dazu führte er aus, sein älterer Bruder sei Geistlicher und befände sich mit dem Vater wegen der Herrlichkeit Anholt in Streit. Am 18. Oktober 1769 erhielt Prinz Maximilian das Kuratorium als Pfleger seines Vaters durch Joseph II.
Das Kuratel wurde von Mainoné am 8. Februar 1770 beim RKG in Wetzlar bekannt gemacht. Fürst Nicolaus Leopold war vier Tage vor Bekanntgabe, am 4. Februar, in Hoogstraten verstorben. Noch im Vergleich vom 1. Februar 1770 ließ Ludwig vortragen, daß diese Kuratel erschlichen sei. Der sich darauf anschließende Streit um die Rechtmäßigkeit der Kuratel war jedoch für das weitere Vorgehen der Prätendenten bedeutungslos und sollte keine Auswirkungen auf die weitere Entscheidungsfindung beider Rechsgerichte haben.

Nach dem Tod des Vaters und der Besitzergreifung vom größten Teil der Hinterlassenschaft durch Prinz Maximilian (Wild- und Rheingraf, Hoogstraten und Anholt) war für Prinz Ludwig Carl Otto dringender Handlungsbedarf gegeben, wenn er seine Position als Erbe weiter behaupten wollte.
Hinsichtlich der anderen bedeutenden Besitzstücke war das Recht der Erstgeburt in der Linie Salm besonders eingeführt worden. Für die Herrlichkeit Anholt folgte aus dem Testament des Fürsten Ludwig Otto, daß der erstgeborene Sohn seiner Tochter diese erhalten und „die Erstgeburt jederzeit in der Erbfolge beobachtet werden sollte“
Für Hoogstraten hatte die Erbin der Grafschaft, Marie de Lalain in ihrem Testament das männliche Erstgeburtsrecht festgesetzt. Im Erhöhungsbrief Kaiser Karl VI., in seiner Funktion als König von Spanien, wurde deshalb das Erstgeburtsrecht damit ausdrücklich konstituiert. Nicolaus Leopold erhielt dann 1767 von Kaiserin Maria Theresia am 21. März 1767 die Erlaubnis, abweichend von dem Erhöhungsbrief den Nachfolger unter seinen anderen Kindern zu bestimmen.

Der Brüdervergleich und die Fideikommißstiftung

Die schwierige Prozeßlage im Frühjahr des Jahres 1770 mußte es auch den streitenden Prinzen sichtbar gemacht haben, daß, sollten sie ihren Prätendentenstreit nicht zügig beilegen, ein langjähriger Rechtsstreit mit durchaus unterschiedlichen Ergebnissen am RKG und RHR zu erwarten war.
Doch weder Ludwig, noch sein Bruder wollten es auf diese Situation ankommen lassen. Die Erwartung Maximilians an seinen Bruder ging jedoch dahin, daß dieser, als fordender Teil, den ersten Schritt tun sollte. Der Erstgeborene begann deshalb ungeachtet der an den höchsten Reichsgerichten anhängigen Prozesse, sich seinem jüngeren Bruder wieder zu Vergleichsverhandlungen bereit zu erklären. Grundlage dieser Angebote war noch immer der am 1. und 2. März in Senones unterbreitete Vorschlag, in dem Ludwig angeboten hatte, das reichsmittelbare Herzogtum Hoogstraten mit allen dazugehörgen Besitzungen und Rechten an Maximilian abzutreten.
Prinz Maximilian sah diese Offerte jedoch als indiskutabel an, da er ebenso wie Ludwig aus seinen Nachkommen den nächsten Souverän stellen wollte und sich durch das Testament des Vaters von 1769 in diesen Bestrebungen unterstützt sah. Außerdem wollte Maximilian weder auf das Sitz- und Stimmrecht auf dem Reichstage, noch auf dem Oberrheinischen Kreistag verzichten; beides Insignien der Souveränität eines Fürsten zu Salm und Salm-Salm. Maximilian beharrte deshalb auf seinem Standpunkt und verschloß sich damit den Ratschlägen anderer Familienmitglieder, insbesondere seiner Stiefmutter, ohne jedoch von seiner grundsätzlichen Verhandlungsbereitschaft abzurücken. Maximilians Räte wurden angewiesen, das Angebot Ludwigs zurückzuweisen und neue abzuwarten.

 

Der Pariser Brüdervergleich vom 5. Juli 1771

Die Präambel des Vergleichs vom 5. Juli 1771 statuierte zu allererst, daß jeder Bruder seine an den höchsten Reichsgerichten anhängigen Klagen zurückziehen sollte. Die Klagerücknahmen sollten explicit mit Wirkung für die Agnaten des fürstlichen Hauses gelten, mit der Folge, daß über die in Rede stehenden Fragen der Folgefähigkeit Ludwigs als Geistlicher und die Stellung der Brüder im Testament des Vaters, nie wieder gestritten werden konnte. Ergebnis war, daß die noch von beiden Seiten verpflichteten Prokuratoren und Agenten die Klagen auftragsgemäß zurücknahmen und diesen Vorgang öffentlich bekannt machten.
Der Vergleich wurde von Fürst Ludwig am 25. Juli in Senones, vom Herzog Maximilian schon am 14. Juli 1771 in Luxemburg ratifiziert.
Der ausgehandelte Vertragstext zeigt, daß es sich bei Ludwigs Umschreibung, den Vergleich unter „Aufopferung des Herzogtums Hoogstraten geschlossen“ zu haben, um eine überspitzte Darstellung gehandelt hatte. Denn den vertragsunterzeichnenden Verhandlungsführern war es gelungen, die gesamte Verlassenschaft der Fürsten Ludwig Otto und Nicolaus Leopold zu einem „ewigen unauflöslichen Fideikommiß des hochfürstlichen Hauses Salm-Salm zusammenzufassen. Das so zu einer rechtlichen Einheit verbundene Vermögen umfaßte ausdrücklich die gefürstete Grafschaft Salm, das Herzogtum Hoogstraten, die dem Hause zugehörigen wild- und rheingräflichen Landesteile, die unmittelbare Reichsherrlichkeit Anholt und alle anderen Besitzungen. Als Fideikommiß­gegenstände wurden nur solche Sachen eingebracht, die einen dauernden Ertrag zuließen. Damit umfaßte das Fideikommiß zum einen Grundstücke mit Zubehör, zum anderen beinhaltete die Sondervermögens-sache aber auch „Renten, Gefälle und sonstige Gerechtsame“ und erstreckte sich somit auch auf nutzbare Gerechtigkeiten, zinstragende Kapitalien und andere, Einkünfte gewährende Vermögens-gegenstände. Bewegliche Sachen, insbesondere Silber, Juwelen, Barschaften und andere Mobilien (..Haus-Zirrathen“, Gewehr- und Sattelkammern, Familien- und sonstige Gemälde, Kutsch- und Pferdinventarien, Wein, Leinen) wurden indes als Zubehör zu den einzelnen Liegenschaften fideikommissarisch gebunden. Das Hausfideikommiß Anholt behielt seinen Charakter als selbständiges Fideikommiß, wurde jedoch in das so gestiftete Gesamtfideikommiß unauflöslich eingebunden.
Dabei wurde gemäß der ausdrücklich bekundeten bestehenden Hausobservanz die Primogenitur der männlichen Nachfolgeschaft als Folgeordnung festgeschrieben, so daß der jeweilige Fideikommiß-inhaber auch die Stellung als Chef des Hauses und regierender Fürst innehaben sollte. Die Ratio des Fideikommisses war natürlich auch hier, den Namen und das Ansehen der Familie aufrechtzuerhalten und den einzelnen Familienmitgliedern so eine unabhängige wirtschaftliche und soziale Stellung zu garantieren. Dies wurde durch die Unveräußerlichkeit und Unbelastbarkeit des Fideikommisses erreicht.

 

Den bedeutendsten Vergleichspunkt stellte allerdings §12 der Vereinbarungen dar. Damit zedierte Ludwig seinem Bruder und dessen männlicher Deszendenz das Herzogtum Hoogstraten, die Stadtpaläste in Antwerpen und Brüssel und die auf den brabantischen Ständen haftenden Renten von 1360 brabantischen Gulden. Die Zession implizierte die Anerkennung des Titels eines Herzogs von Hoogstraten für Maximilian und den jeweils Erstgeborenen seiner männlichen Deszendenz. Diese Abtretung erfolgte allerdings unter der ausdrücklichen Bedingung, daß das Herzogtum und die damit überlassenen Ländereien weiterhin zum Fideikommiß gehörten.

Definition einiger Begriffe

Agnat bezeichnete einen männlichen Blutsverwandten, der in ununterbrochener männlicher Linie und ehelich legitimiert von einem gemeinsamen Ahnherrn abstammt. Die Agnation spielte vor allem im Erbrecht des Adels und speziell in der Erbfolge von Herrschern eine bedeutende Rolle.

Im kanonischen Recht ist eine Dispens die Befreiung von einem rein kirchlichen Gesetz, das heißt einer nicht auf göttliches Recht zurückzuführenden kirchenrechtlichen Vorschrift, in begründeten Einzelfällen, die auf Antrag, der sogenannten Petition, vom Bischof oder den von ihm dazu beauftragten Amtsträgern erteilt werden kann Für manche kirchlichen Gesetze ist die Dispensvollmacht dem apostolischen Stuhl vorbehalten.

Als Observanz wird ein örtlich begrenztes Gewohnheitsrecht (Herkommen) bezeichnet. Es handelt sich dabei um ein „Recht, das nicht durch förmliche Setzung, sondern durch längere tatsächliche Übung entstanden ist, die eine dauernde und ständige, gleichmäßige und allgemeine sein muß und von den beteiligten Rechtsgenossen als verbindliche Rechtsnorm anerkannt wird.“

Ein Prätendent ist jemand, der etwas oder ein Recht für sich in Anspruch nimmt oder sich eine Stellung oder einen Status anmaßt. So erhebt beispielsweise ein Thronprätendent Anspruch auf einen Thron.

Primogenitur (lateinisch primus „Erster“, genitus „geboren“: Erstgeborenen-Nachfolgeordnung) bezeichnet fachsprachlich die Ordnung der Erbfolge, nach der nur das erstgeborene oder älteste Kind das Erbe und die Rechtsnachfolge einer verstorbenen Person antritt, während mögliche Geschwister unberücksichtigt bleiben. Die Primogenitur sicherte den ungeteilten Bestand eines Erbes, im Falle eines Regierenden also die Fortdauer einheitlicher Herrschaft über das bestehende Territorium. Die Primogenitur ließ die Geschwister des Erben zumeist ohne Versorgung aus der Erbmasse. Dem wurde teilweise abgeholfen, indem man ihnen kirchliche Pfründen zukommen ließ.

 

Eine Zession bzw. Abtretung bezeichnet eine Übertragung einer Forderung von dem ursprünglichen Gläubiger (Zedent) durch Vertrag auf einen anderen (Zessionar).