Lebenslauf des Jakob van Hoogstraten

Hochstrat (Jacob) lateinisch Hochstratus, oder Hochstratanus, geboren vermutlich um 1460 im flandrischen Hoogstraten nahe Antwerpen, gestorben in Köln am 21. Januar 1527.
Das Leben des Flamen Hoogstraten verlief in seinem ersten, größeren Abschnitt in den Niederlanden: Über seine Familie ist nichts bekannt.
Hoogstraten studierte in Löwen (eine belgische Stadt in der Region Flandern)
Artes liberales, erhielt daselbst die Magisterwürde im Jahre 1485, und wurde 1496 zum Priester geweiht. In Löwen trat Jakob van Hoogstraten in den Orden der Dominikaner ein, denen zwar der Ruf als „Hunde des Herrn“ vorauseilte, die aber eine im Vergleich sehr freiheitlich verfasste Gemeinschaft waren, in der sich vor allem Intellektuelle und Gelehrte sammelten.
1500 wurde er zum Prior des Antwerpener Dominikanerkonventes gewählt. Vermutlich erst nach Ablauf der dreijährigen Amtszeit ging er für einen Studienaufenthalt nach Köln, wo er sich zum Doktor der Theologie promovierte und sich möglicherweise bereits um 1498 einmal für kürzere Zeit aufgehalten hatte.
1504 schloss er seine Studien in Köln ab.
Erst nach der Promotion zum Doktor der Theologie wurde er in Deutschland heimisch. Am Rhein baute er das Studium Generale seines Ordens auf. Er wurde erster Regens der Generalstudien seines Ordens in Köln (1505- 1507) und als Regens erhielt er zugleich eine Professur für Theologie an der Universität Köln.
1508 wurde er zum Prior gewählt,
später zum Prior des Kölner Konvents (1510). Als Prior war er zugleich Inquisitor = päpstlicher Untersuchungsrichter für die Erzbistümer Köln, Mainz und Trier.
Traditionell rekrutierte sich das Personal der Inquisition vornehmlich aus dem Dominikaner-orden, und so wird Hoogstratens Ernennung zum Inquisitor in erster Linie mit der Übernahme des Priorats zu sehen sein.
Jetzt entfaltet er eine rege Tätigkeit als Schriftsteller. Als Ordensprior geriet er dann in einen kurzen, aber heftigen publizistischen Streit mit dem Juristen Pietro Tomasi aus Ravenna (um 1448-1508), der sich gegen den Brauch aussprach, gehenkte Verbrecher noch einige Zeit zur Abschreckung am Galgen zu lassen, und vorschlug, diesen sofort nach ihrer Hinrichtung ein christliches Begräbnis zuteil werden zu lassen.
Jakob verteidigte die alte Gewohnheit als ein heiliges Recht und da er für seine lieblose Anschauung die Billigung hochstehender Kirchenfürsten erlangte und durch wiederholte Ausführungen seines Themas seinem Gegner, der ihm in Bezug auf Redseligkeit weichen mußte und bald nach Beginn des Streites starb, überlegen war, behielt er das letzte Wort, und, nach den Anschauungen seiner Freunde, sogar auch den Sieg.
Hoogstraten galt in seinen frühen Kölner Jahren als beliebter und gefragter Lehrer; Tomasi schlug jedoch wahre Begeisterung entgegen, als er 1506 nach mehreren Stationen an anderen deutschen Universitäten und Fürstenhöfen in die Stadt kam. Während Hoogstraten seinen Standpunkt mit aufbrausender Vehemenz vertrat, reagierte Tomasi mit gelassen-ironischen Sticheleien.

Die Auseinandersetzung mit den Humanisten hatte Hoogstraten jedoch auch in diesem Amt zu führen, insbesondere mit Johannes Reuchlin.
Gestützt auf ein kaiserliches Dekret von 1509, das die Vernichtung aller gegen den christlichen Glauben gerichteten jüdischen Bücher anordnete - wobei der Entscheid über die Vernichtung allerdings einer Kommission unter dem Speyerer Bischof Georg von der Pfalz übertragen war - und der letztlichen Weigerung Reuchlins, als Berater für diesen Feldzug zur Verfügung zu stehen, wurde er unter dem Vorwurf der Parteinahme für die Juden am 27. September 1513 von Hoogstraten vor ein Inquisitionsgericht in Mainz angeklagt.
Am 9. Oktober kam Reuchlin in die Bischofsstadt und
Hoogstraten predigte dort gegen den Augenspiegel. Drei Tage später verkündete Hoogstraten in seiner Funktion als päpstlicher Inquisitor für die Erzdiözesen Köln, Mainz und Trier die Verdammung dieses Werkes. Reuchlin protestierte durch einen Bevollmächtigten gen Hoogstraten als Richter, und berief sich auf zwei Schiedsrichter und da Hoogstraten diese nicht annehmen wollte, appellerte er an den Papst. Hoogstraten übergab nun das Richteramt zwei ihm befreundeten geistlichen Räten, trat bei diesen nun selbst als Kläger gegen Reuchlin auf und diese Richter sprachen die öffentliche Verbrennung das Augenspiegels aus. Reuchlin appellierte von diesem Urteil an den Papst, und der Kurfürst von Mainz befahl die Vollziehung einen Monat aufzuschieben. Leo X. nahm Reuchlins Appellation an und übergab die Entscheidung noch 1513 dem Bischof von Speyer. Während der Untersuchung verdammten die Dominikaner in Köln den Augenspiegel und ließen ihn verbrennen.
Das Gericht in Speyer aber entschied sich n
ach einem theologischen Gutachten des Speyer Domdekans Thomas Truchseß von Wetzhausen ganz für Reuchlin und verurteilte (zum ewigen Stillschweigen verdammt) den Hoogstraten, 111 Gulden für die Prozeßkosten an Reuchlin zu zahlen. Vom Ordenskapitel wurde er daraufhin seines Postens als Inquisitor enthoben,
Gegen dieses Urteil appellierte er an den Papst, verweilte selbst, um für seine Sache zu wirken, – nicht immer mit ehrlichen Mitteln (große Geldsummen), wie die Gegner behaupteten, – längere Zeit in Rom.
Hoogstraten zahlte nicht und Reuchlin wandte sich an den Papst, bei welchem ihm der Kaiser Maximilian, der Kardinal von Gurck, die Kurfürsten von der Pfalz und Sachsen und andere Große unterstützten. Nun zog sich der Prozeß noch mehrere Jahre durch die Umtriebe der Dominikaner fort, bis Franz von Sickingen 1519 ihnen drohte und sie 1520 zwang, dem Reuchlin die Prozeßkosten zu zahlen und zu versprechen, beim Papste die Unterdrückung des Prozesses zu erwirken.
Mit der später von Papst Leo X. (Pontifikat 1513-1521) bestätigten Entscheidung Georgs zugunsten Reuchlins erlitt Hoogstraten eine empfindliche Niederlage, die ihn nicht nur das Priorat der Kölner Dominikaner und sein Richteramt kostete, sondern auch zur Zielscheibe des öffentlichen, insbesondere akademischen Spotts werden ließ.
Erst einige Zeit später erlangte er, nachdem er durch den Papst jedoch bald darauf in seine Stellung wieder eingeführt worden war, das sehnlich erwünschte Resultat: die Verurteilung Reuchlin’s (30. Jan. 1520).
Die letzte Herausforderung, der Hoogstraten in diesem Amt und auch als Theologieprofessor begegnete, waren die Thesen Martin Luthers (1483-1546). Er ist einer von den ersten gewesen, die wider Luther geschrieben haben.
Auf seine Veranlassung hin verurteilte die Kölner theologische Fakultät 1520 gewisse Lehrsätze Luthers; er selbst nahm seit 1521 in mehreren, zum Teil heftigen Streitschriften gegen ihn Stellung.
Hoogstraten beteiligte sich an der Verbrennung von Luthers Schriften in Köln im November 1519 und verfasste bis zu seinem Lebensende zahlreiche mehr oder weniger wissenschaftlich begründete Schriften gegen Luther und für den alten Glauben. Im Übrigen hatte Luther selbst massiv gegen Hoogstraten polemisiert und diesen geradezu zur Gegenaktion herausgefordert.
War ihm schon Reuchlin als grimmiger Feind der christlichen Kirche erschienen, so mußte ihm Luther als ein nicht minder gefährlicher Widersacher gelten. Auch gegen ihn kämpfte er mit That und Wort.

Grabschrift

Weitere Bemerkungen in der Literatur

Die „heilige“ Inquisition empfand er als eine Notwendigkeit und dementsprechend fanatisch verfocht er sie mit unnachsichtiger Härte, die man aber nur dann richtig werten kann, wenn man berücksichtigt, daß er ganz in der mittelalterlichen Tradition seines Ordens lebte. Als Theologe hat er scharfsinnig die Differenzen zwischen der Sünden- und Gnadenlehre Luthers und der Augustins herausgefunden

Seine Aufgabe im Kampf gegen alles, was in seinem mittelalterlichen Verständnis im Verdacht der Häresie stand, erfüllte er mit Nachdruck und durchaus auch Brutalität, vielleicht auch zuweilen mit Zorn. Seine Biographie zeigt jedoch auf, dass auch die humanistische Gegenpartei, der die Sympathien vieler Zeitgenossen und der Geschichtsschreibung gehörten, keineswegs frei war von Polemik und Aggressivität, die im Zusammenspiel von Aktion und Reaktion ein kulturelles Schisma von bleibendem Ausmaß begründeten.

Mit „Inquisition“ verbinden sich häufig Vorstellungen mittelalterlicher Unrechtstribunale, besetzt mit fanatischen Glaubenskämpfern. So wird auch Jakob van Hoogstraten bereits im zeitgenössischen Urteil geradezu als Verkörperung eines rückwärtsgewandten Bösen stilisiert, ein Bild, das sich, da es überwiegend auf einer humanistischen Leinwand gemalt und damit in der Retrospektive als richtig empfunden wurde, bis in die neuere Forschung hinein findet. Tatsächlich stand van Hoogstraten mit seinen akademischen Kollegen im fortdauernden und unerbittlich geführten Streit um die richtige Lehre und durfte sich von daher keine bessere Meinung erhoffen.

 

Den vernichtenden Urteilen der Humanisten über ihn darf man das des Erasmus gegenüberstellen, der ihn einen Förderer unserer Bildung, später (1523) sogar seinen alten Freund nennt.
Bedenkt man, daß Jakob van Hoogstraten neben seiner ausgebreiteten praktischen und wissenschaftlichen Tätigkeit auch seine Pflichten als Lehrer an der Kölner Universität erfüllte, so wird man vor seiner Rührigkeit Achtung genug empfinden und schwer begreifen können, daß einem um die Verteidigung des katholischen Glaubens so verdienten Mann von katholischer Seite eine so geringe Aufmerksamkeit geschenkt worden ist, daß die ihm gewidmeten Arbeiten kaum mehr als eine Aufzählung seiner Schriften bieten. Diese Rührigkeit aber wird eines seiner wenigen Verdienste bleiben. Er steckte noch durchaus in mittelalterlicher Gesinnung, ja er rühmte sich, von der neuen Bildung nicht angesteckt zu sein; er war kühn, so daß „er keinen Fürsten scheute und sich von keinem Worte besiegen ließ“, trieb aber diese Kühnheit nicht selten bis zur Frechheit; und endlich scheint er in seinem Handeln nicht immer von reinen Beweggründen geleitet worden zu sein.
Mag er auch nicht alle die schweren Anklagen, welche seine erbitterten Gegner, die Humanisten, gegen seinen Charakter erhoben, verdient haben, so wird er von kleinlicher Selbstsucht und vielfacher Anwendung unredlicher Mittel nicht freizusprechen sein.

WDR - Mediathek

Jakob von Hoogstraten, Inquisitor (Todestag 27.01.1527)

WDR ZeitZeichen | 27.01.2017 | 14:41 Min.

Hätte es das Wort "Mobbing" im 16. Jahrhundert schon gegeben, der Theologe Jakob von Hoogstraten hätte sich mit Sicherheit als ein Opfer davon bezeichnet. Denn er wurde zur beliebtesten Zielscheibe akademischen Spotts, immer wieder verachtet und verhöhnt. Allerdings war der streitbare Dominikaner selbst nicht gerade zimperlich, wenn es um die Verunglimpfung von Andersdenkenden ging. Autorin: Maren Gottschalk

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